Wenn man nur zu Besuch ist, dann sind viele Länder interessant, spannend, mitreißend, schön, herzerwärmend, etc. Doch wie sieht es aus, wenn man sich länger dort aufhält oder dort lebt / leben muss? Kuala Lumpur, die Hauptstadt Malaysias, ist ein sehr gutes Beispiel für den Fall: Interessant, spannend, wow! / Gut, dass wir wieder gehen. Überwachung, Kontrolle und Verbote werden in dieser Stadt ganz groß geschrieben. Wenn du ein freiheitsliebender Mensch bist, solltest du für die Zukunft von Kuala Lumpur als Basis Abstand nehmen, da die Stadt neben der Überwachung auch eines der Epizentren des Weltwirtschaftsforums ist. Wir haben 10 Wochen dort gelebt und dementsprechend vieles erlebt.
- 1. Hochhaus-Wüste mit allen Annehmlichkeiten. Fluch oder Segen?
- 2. 15-Minuten-Städte sind schon da
- 3. U-Bahn, Innenstadt, Malls – Kameras und Chipkarten
- 4. Bargeld ist in Kuala Lumpur out
- 5. Verbote überall
- 6. Industrie 4. 0 – Epizentrum der globalen Agenda
- 7. Freiheit leben oder Verbote in Kuala Lumpur ertragen? Überleg es dir nochmal
1. Hochhaus-Wüste mit allen Annehmlichkeiten. Fluch oder Segen?
Als wir zu unserer ersten Unterkunft gefahren sind, waren wir sehr gespannt, was uns erwarten würde. Die Fahrt durch die Stadt zeigte bereits, dass Hochhauskomplexe hier ganz groß geschrieben werden. Genauso sieht es übrigens in anderen malaysischen Städten, wie Georgetown aus. Während die neuen Bauwerke noch in schimmerndem Glanz erstrahlen, verrotten die älteren Modelle allmählich und verschönern nicht gerade das Stadtbild. Die Erfahrung zeigt, dass auch die neuen Bauwerke nicht für die Ewigkeit gebaut sind.
1. 1. Wohnen mit allem nötigen Komfort?
Umso glücklicher waren wir, dass unser Komplex (Scott Garden) ganz gut in Schuss und die Aussicht grandios war. Was wir natürlich super fanden war die Tatsache, dass im Untergeschoss ein riesiger Supermarkt untergebracht war. Und zwar ein wirklich guter mit großem Sortiment. In einer Stadt wie Kuala Lumpur brauchst du solche Einkaufsmöglichkeiten um die Ecke, denn sonst wird es kompliziert. Es gab zudem einen Decathlon, diverse Restaurants und Bars. eine Bank, Zahnarzt und weitere Shops.
Als Bewohner hat man Zugang zu den „Amanities”, was in diesem Fall ein Pool, Gym und eine Jogging-Strecke waren. So weit so gut!
1. 2. Kameras, Elektronik, Regeln und Verbote. Schlüssel? Fehlanzeige
Doch als wir beim obligatorischen Pförtner unseren „Wohnungsschlüssel” abgeholt haben, waren wir erstmal etwas verdutzt. Statt einem Schlüssel bekamen wir eine Chipkarte. Nur mit dieser Karte kannst du den Fahrstuhl nutzen und zwar immer nur in dein eigenes Stockwerk oder zum Pool-Bereich. Wenn du wonders hin möchtest, musst die Treppe nehmen. Alle Türen werden nur mit dieser Karte oder mit Code + Karte bedient. Jetzt denkst du dir sicher „ist doch super, weil super sicher!” Naja … das ist schon ein Faktor. Es bedeutet aber auch, dass deine Bewegungsfreiheit ganz schnell ganz immens eingeschränkt werden kann, wenn nötig. Regierung oder Hausverwaltung, in diesem Fall Chinesen, können so nach Gusto Türen und Zugänge verriegeln, so dass du weder raus noch rein kommst. Erinnern wir uns bitte an die C-Zeit, als genau das in asiatischen Ländern praktiziert wurde. Und jetzt weißt du auch, warum das dort so einfach ist. Und was ist mit Stromausfällen?
Zudem hängen überall Überwachungskameras. Außen, innen, im Fahrstuhl, in den Gängen – einfach überall. Und wer weiß schon, was mit diesen Aufnahmen gemacht wird.
Ich hatte ein paar Tage lang den Fall, dass ich mich mit unserer Chip-Karte am Pool registrieren musste und es wurde auch überprüft, ob unsere Karte die rote oder grüne Ampel leuchten lässt. Wahrscheinlich gab es mit irgendeinem Mieter „Probleme” und alle wurden kurzzeitig genauer durchleuchtet.
1. 3. Du bist ein schlechter Mieter? Dann blüht dir das
Chinesen haben nicht nur im Scott Garden-Komplex das Sagen in Kuala Lumpur. Es macht den Eindruck, dass ihnen die Stadt quasi gehört und so bringen sie natürlich auch ihre politischen und gesellschaftlichen Ansichten mit. Neben der ständigen Überwachung ist das auch das öffentliche an-den-Pranger–Stellen von Mietern. Im Fahrstuhl hängt ein netter Aushang, der dich darauf hinweist, was passiert, wenn du mit deiner Miete im Rückstand bist. Hier die Übersetzung, das Original siehst du auf dem Foto:
„Mitteilung über ausstehende Zahlung und mögliche Konsequenzen
Sehr geehrte/r Eigentümer/in,
hiermit möchten wir Sie darüber informieren, dass rechtliche Schritte gegen Ihre Einheit eingeleitet werden können, wenn Ihre Zahlung für den Zeitraum bis zum 02.06.2023 aussteht.
Bitte begleichen Sie den offenen Betrag innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieser Mitteilung an die Verwaltungsgesellschaft.
Sollten Sie die Zahlung nicht innerhalb der genannten Frist leisten, behält sich die Verwaltung das Recht vor, folgende Maßnahmen gemäß dem Gesetz über die Verwaltung von Strata-Eigentum 2013 (Gesetz 757) einzuleiten:
- Veröffentlichung Ihres Namens, Ihrer Einheitennummer und des ausstehenden Betrags auf dem Informationsbrett
- Sperrung Ihrer Zugangskarte
- Verweigerung der Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen wie dem Schwimmbad usw.
- Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zur Einforderung des offenen Betrags
- Einleitung eines Verfahrens zur Beschlagnahme von beweglichem Eigentum gemäß Abschnitt 35 des Gesetzes
Bitte beachten Sie außerdem, dass Eigentümer, die dieser Aufforderung ohne triftigen Grund nicht nachkommen, gemäß Unterabschnitt 34(3) des Gesetzes eine Straftat begehen. Im Falle einer Verurteilung drohen eine Geldstrafe von bis zu fünftausend Ringgit oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder beides. Bei wiederholten Verstößen kann eine zusätzliche Geldstrafe von bis zu fünfzig Ringgit pro Tag oder Teiltag verhängt werden, an dem der Verstoß nach der Verurteilung anhält.”
Öffentliche Anprangerung, Zugang zur Wohnung gesperrt, Gefängnis von bis zu 3 Jahren – nett, oder?
2. 15-Minuten-Städte sind schon da
Hast du schonmal vom Konzept der 15-minute-city / 15-Minuten-Stadt gehört? Auch so eine schöne Idee vom Weltwirtschaftsforum, die der Öffentlichkeit natürlich nur positiv und gewinnbringend verkauft wird. Es geht darum, dass von deinem Wohnkomplex aus alles innerhalb von 15 Minuten erreichbar ist: Supermarkt, Arzt, Drogerie, Apotheke, Taxi, U-Bahn (die du ja gar nicht mehr benutzen sollst) – einfach alles. Die Arbeit erfolgt am besten im Homeoffice und dann bewegst du dich nur noch in deinem persönlichen 15-Minuten-Umfeld. Ich finde, das klingt nach einer modernen Horrorgeschichte.
Dieses Konzept hat alleine den Zweck, dich so klein und immobil wie möglich zu halten. Du musst ja dann auch nichts mehr draußen kaufen, kannst alles nach Hause bestellen (Amazon, Lazada) und bist der perfekte, bequeme und leicht zu überwachende Bürger. In Städten wie Kuala Lumpur ist dieses Gedankengut bereits in die Tat umgesetzt. Nicht so extrem, wie in den Plänen für die Zukunft, doch die Grundlagen sind bereits da. Wenn du nicht so unternehmungslustig bist, kannst du in Komplexen wie dem Scott Garden wochenlang bleiben. Clubs gibt es auch, wenn du so eine Bespaßung möchtest, wirst du also auch bedient. Zum großen Leidwesen der Anwohner.
3. U-Bahn, Innenstadt, Malls – Kameras und Chipkarten
Egal, wo du dich in Kuala Lumpur bewegst, Kameras überwachen quasi jeden deiner Schritte. „Aber das ist doch Sicherheit!“ Ja, das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist aber, dass die Regierungen nicht unsere Sicherheit im Sinn haben, sondern uns 24 / 7 überwachen wollen. Zumal viele dieser Systeme bereits mit Gesichtserkennungs-Software ausgestattet sind. Es läuft darauf hinaus, dass wir alle bald mit Gesicht, Fingerabdruck und vielleicht auch Iris-Kennung in elektronischen Datenbanken verzeichnet sind. Wo wir gehen und stehen werden wir erkannt und vom „großen Bruder” verfolgt. Und wenn wir nicht brav sind, dann drohen Konsequenzen. China macht es vor und gilt übrigens beim Weltwirtschaftsforum und vielen sog. „liberalen” Leadern als großes Vorbild und Blaupause dafür, wie die Menschheit in Zukunft regiert werden soll.
4. Bargeld ist in Kuala Lumpur out
Bus und U-Bahn kannst du nur mit Tokens, die du ausschließlich am Automaten bekommst, oder einer elektronischen Chip-Karte nutzen. Die Karte bekommst du nur am Schalter an Bahnhöfen. Als wir das erste Mal mit dem Bus in die Innenstadt fahren wollten, hat uns der Busfahrer nicht mitgenommen, weil man nur mit dieser Karte bezahlen kann, die wir da noch nicht hatten. Kein Bargeld möglich. Wir mussten ein Taxi nehmen. Dann kann es auch noch sein, dass die Karten am Schalter ausverkauft sind, denn es scheint sie immer nur zu bestimmten Tageszeiten zu geben. Wir haben zuerst nur eine bekommen, mehr war nicht da. Du kannst sie dann auch nur an diesen Schaltern aufladen. Es ist alles super unpraktisch und unflexibel. Bargeld wird in Kuala Lumpur generell klein geschrieben. Da loben wir uns Vietnam, wo genau das Gegenteil der Fall ist.
5. Verbote überall
Kuala Lumpur ist die Stadt der Verbote. Und das dürfte im Rest des Landes nicht anders sein. Es kommt natürlich erschwerend hinzu, dass Malaysia ein muslimisches Land ist und von einer muslimischen Regierung geführt wird. Küssen in Bussen ist z. B. verboten und generell macht das auch niemand in der Öffentlichkeit. Im Land der Durian ist es verboten, Durian in den Bus mitzunehmen. Wie absurd ist das bitte? 😅 Die Leute müssen doch ihre Durian nach Hause bringen.
5. 1. In den Hochhauskomplexen ist alles durchreguliert
Vor allem auch in den Wohnkomplexen. Zog ein Gewitter auf, wohlgemerkt noch weit weg, war der Pool Sperrgebiet. Ich wurde zwei Mal raus gescheucht. Zur Verteidigung muss man in diesem Fall hinzufügen, dass bei Gewittern in Kuala Lumpur die Blitze quasi sekündlich einschlagen. Doch, wie gesagt, waren die Gewitterwolken in diesem Fall noch weit weg. In den Wohnungen ist nur „light cooking / leichtes Kochen” erlaubt. Und es wird tatsächlich ganz offiziell vorgeschlagen, Instant-Nudeln aufzuwärmen und Pommes zu frittieren. Aber Hauptsache Frittieren, oder? Ich habe trotzdem täglich ganz normal gekocht.
Eine Menge anderer Dinge waren auch verboten, was leider trotzdem nicht für einen angenehmen Aufenthalt gesorgt hat. Die Bewohner dürfen keine Parties schmeißen, aber im Erdgeschoss wummern die ganze Nacht die Bässe der Clubs durch das ganze Bauwerk. Schlafen Fehlanzeige.
All diese Verbote fühlen sich nach einer Zeit sehr einengend an.
6. Industrie 4. 0 – Epizentrum der globalen Agenda
Malaysia, oder genauer gesagt Kuala Lumpur, ist das „Zentrum der vierten industriellen Revolution“ in der ASEAN-Region. Das haben das Weltwirtschaftsforum und die Regierung von Malaysia 2023 ganz stolz verkündet. Ich zitiere aus der entsprechenden Pressemitteilung des Weltwirtschaftsforums:
„Diese Initiative markiert einen wichtigen Meilenstein auf Malaysias Reise zu einem weltweit führenden Anbieter von Technologie-Governance und Innovation. C4IR Malaysia ist das erste Zentrum in der Region ASEAN (Association of Southeast Asian Nations) als Teil des globalen C4IR-Netzwerks des Weltwirtschaftsforums. Mit diesem Start ist Malaysia nun einer Gemeinschaft von 18 Zentren beigetreten, in denen neue und innovative Ansätze für die Technologie-Governance, -Akzeptanz und -Skalierung auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene entwickelt und umgesetzt werden.”
Bitte lass dich nicht beirren, denn daran ist rein gar nichts gut. Es wird nur wieder schön verpackt. Die großen Tech-Konzerne gehören zu einer der größten Bedrohungen für unsere Freiheit. „Technologie-Governance” bedeutet nichts anderes, als Regierung auf Basis von Technologie, was wiederum in Überwachung und Kontrolle mündet. Klar, dass sich Kuala Lumpur hierfür bestens eignet.
Dubai ist übrigens ein weiteres Beispiel für diese Entwicklung und die Stadt gehört ebenfalls zu diesem Netzwerk, das aus insgesamt 18 sog. „Zentren” besteht.
7. Freiheit leben oder Verbote in Kuala Lumpur ertragen? Überleg es dir nochmal
Ich werde jetzt nicht genauer auf die angesprochen Themen und Hintergründe eingehen. Entweder, du bist bereits entsprechend informiert und jetzt ein bisschen schlauer, oder dir ist das neu und deine Neugierde ist geweckt, so dass du dir selbst weitere Informationen einholst. Wenn du denkst, das Alles wäre doch sowieso nur Geschwurbel, oder es ist dir egal – go ahead, have fun.
Wir finden es jedenfalls wichtig, dich über diese Dinge zu informieren, denn nur so können wir gemeinsam eine Veränderung erreichen. So ein System nicht zu unterstützen ist der Anfang.
Have fun in Kuala Lumpur und spring rechtzeitig wieder ab! 😉
Die Pressemeldung vom Weltwirtschaftsforum ließt du hier:
https://www.weforum.org/press/2023/05/centre-for-the-fourth-industrial-revolution-malaysia-to-accelerate-green-transition-digital-transformation/
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